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kompliziert → komplex → chaotisch
“Die Ära der Komplexität geht vorbei. Wir müssen lernen, mit Chaos umzugehen!” - Richard Seidl Man könnte meinen, das Universum macht das mit...
Ich möchte heute ein paar Gedanken nachgehen, die mich als Feedback erreicht haben: Warum sollen wir denn jetzt agil sein und machen nicht so weiter wie bisher?
In einem meiner ersten agilen Projekte Anfang der 2000er Jahre hab ich mir die Frage sehr häufig gestellt: Warum? Warum alle Prozesse umwerfen, Verantwortlichkeiten ändern, Hierachien auflösen, neue Tools hier und fancy Methoden da? Nur weil es grade hip ist und alle machen?
Ja, man kann natürlich argumentieren mit schneller, höher, weiter, flexibler…aber für mich hat sich über die Jahre ein ganz anderer Grund herausgeschält: Agil zu arbeiten – zu denken – hilft uns damit umzugehen, zu wissen, dass wir nichts wissen – sprich mit der Ungewissheit.
Und wie ist die entstanden? Hier hilft ein ungenaues, aber nützliches Modell: Aus kompliziert wurde komplex.
Das war eine Zeitenwende und ist schon vorbei. Kompliziert war einmal. Jetzt ist komplex.
Früher war zwar bei weitem nicht alles besser. Aber einfacher. Zumindest haben wir es verstanden. Ein Entwicklungsprojekt war überschaubar. Selbst große Projekte konnten sich auf relativ stabile Rahmenbedingungen stützen. Ein MS Project-Plan hatte noch eine brauchbare Halbwertszeit. Die Verbindung zwischen Ursache und Wirkung war nachvollziehbar. Wenn an einem Ende etwas geändert wurde, war abschätzbar worauf es sich auswirkt.
Das war die große Zeit der Optimierer. Den Prozess immer effizienter machen. Wegzuschneiden, was weg kann. Die Stellschrauben fein justieren und aufeinander abstimmen, damit das ganze Projektgefüge läuft wie ein Uhrwerk. Das hat auch ganz gut geklappt, zumindest bis die Kosten für weitere Optimierungen den Nutzen überstiegen. Aber das war nur ein Problem.
Schieben wirs mal aufs Internet. Vielleicht nicht die erste Generation, auch nicht die zweite, aber irgend wann dann haben unsere Software und unsere Projekte angefangen, ein Eigenleben zu entwickeln. Schleichend, kaum erkennbar. Nur begleitet von dem unguten Gefühl, dass es unübersichtlich wird. Hier mal ein paar Systeme gekoppelt, da ein Datenaustausch, ein paar Microservices dazu. Und heute stehen wir vor Applikationen und Systemlandschaften, deren Algorithmen durch Einzelne gar nicht erklärbar sind (aber funktionieren), wo der Zusammenhang von Ursache und Wirkung nicht mehr eindeutig ist. Und wer an einem Rädchen dreht, kann sich nicht sicher sein, wie sich das auswirkt (Schöne Beispiele dazu finden sich z.B. in der aktuellen Netflix-Doku: The Social Dilemma).
Aber damit nicht genug. Auch die Rahmenbedingungen sind nicht mehr so stabil: Schnelle Update-Zyklen der Umgebung, Sicherheitslücken, ein physischer Virus der – schnipp – ist die komplette Welt umkrempelt, Safe Habour hier, DSGVO da, Mitarbeiter und deren Bedürfnisse, Shareholder und deren. Und das alles im Eiltempo. Nun haben wir drei Optionen:
Meiner Erfahrung nach ist dabei die größte Hürde, die es zu überwinden gibt, die Angst, keine Kontrolle zu haben. Nichts zu haben, womit man MS Project und irgendwelche Powerpoint-Berichts-Ampeln füllen könnte. Nicht alle Eventualitäten abdecken zu können. Sich nicht absichern zu können. Keinen Schuldigen benennen zu können, wenn was schief läuft.
Ich spinne mal optimistisch rum: Ich glaube, dazu möchten uns all der agile Krimskrams an Methoden und Tools erziehen: Vertrauen, Mut und Verantwortung. Große Worte und so weit weg von Planung, Kontrolle und Softwareentwicklung. Es ist aber – Entschuldigung dafür – alternativlos. Aussitzen ist nicht. Hände vor die Augen halten macht das Problem nicht weg. Also bitte: beherzt den ersten Schritt gehen!
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