“Die KI macht die Arbeit. Wir Menschen müssen entscheiden. Jetzt noch viel öfter!” - Richard Seidl
Künstliche Intelligenz hat bereits vieles in unserem Alltag übernommen oder unterstützt uns dabei. Sie sortiert E-Mails, empfiehlt uns Musik, potenzielle Partner, überarbeitet unsere Webseiten, schreibt und revidiert Programmcode, erkennt Muster,…. Doch eine Sache bleibt uns aktuelle vorbehalten: Entscheidungen treffen. Und das, paradoxerweise, ist heute anstrengender als je zuvor.
Aktivitäten im Gehirn brauchen viel Energie. Also bei den meisten zumindest. Daher hat die pfiffige Evolution stets dafür gesorgt, dass überall Energiesparmechanismen eingebaut werden und unser Hirn im Idle-Modus ist. Klassischen Beispiel: Autofahren. Da braucht man nicht mehr viel rumdenken, das läuft durch und man kann einen Teil der gewonnen Energie darauf verwenden, die anderen Autofahrer zu beschimpfen oder die rote Ampel oder beides.
Dazu kommt, dass wir durch unser Streben nach Freiheit, Globalisierung und Individualisierung eine Übermenge an Entscheidungsoptionen haben. Da ist nicht mehr nur schwarz und weiß. Nein, da gibt es nun auch Grautöne und Farben. Und das überall. Tausende Handymodelle zu Auswahl, Millionen von Apps (schon die richtige Task-Management oder Notizen-App ausgewählt? Es gibt immer eine bessere ;-)), ein voller Kleiderschrank, zerstückelte Parteienlandschaft. Wir verbringen mehr Zeit bei Netflix mit dem Auswahlprozess eines Filmes als mit dem Film selber (und das obwohl - oder grade weil - uns die KI schon personalisierte Trailer hinhält). Ein schönes Beispiel ist auch die KI Welt. Nehm ich heute ChatGPT, Perplexity, Claude…oder doch mal ein lokales LLM. Oh schau, da gibt es ein neues Modell, auch nicht schlecht. Welches nehme ich denn jetzt?
Auch die Konsequenzen unserer Entscheidungen zu überblicken, ist heute kaum noch möglich. Denn wir wissen nie, welche Auswirkungen die Wahl hat. Und langfristig können wir das schon gar nicht abschätzen. Alles viel zu schnell und viel zu abhängig voneinander. Wer soll da noch “richtig” entscheiden können?
Um sich von den Entscheidungsqualen zu erholen gibt es ja schöne Möglichkeiten: z.B. Gartenarbeit oder wer lieber drinnen bleibt: Desktop aufräumen, Emails sortieren, mal über einen Blogtext sinnieren,…
Aber: hier setzt nun die neue Welt an. Texte werden automatisch zusammengefasst. Dateien von Zauberhand wegsortiert, Emails vorbereitet und draussen dreht der Mähroboter seine Runden. Bleibt für uns noch die Ergebnisse zu sichten und…zu entscheiden. Am Stück: Entscheidung, Entscheidung, Entscheidung. Phew….anstrengend, oder? Wie können wir damit umgehen?
Seit Jahren folge ich mal mehr, mal weniger intensiv den den Ideen und der Philosophie des Stoizismus. Diese Sammlung an Prinzipien, Tugenden und Gedanken geht auf große Denker wie Zenon von Kition, Seneca und Marc Aurel zurück und hat finde ich heute mehr Bedeutung denn je. Details gehen hier zu weit, aber die 3 wichtigsten stoischen Prinzipien lassen sich auf “Entscheidungen treffen” sehr gut anwenden:
Mir hilft dies immer wieder einen Schritt aus dem Entscheidungswahnsinn rauszugehen und mehr Klarheit und Fokus bei meinen Entscheidungen zu bekommen.