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Risikobasiertes Testen

Risikobasiertes Testen

Risikobasiertes Testen kann dabei helfen, die Testabdeckung in Softwareprojekten deutlich zu verbessern und potenzielle Risiken beim Testen zu minimieren, insbesondere  in der Implementierung von ERP-Systemen . Um diesen Testansatz erfolgreich umzusetzen, braucht es jedoch eine sinnvolle Risikobewertung und eine gute  Teamzusammenarbeit . Zudem erfordert risikobasiertes Testen eine kontinuierliche Anpassung der Tests, um sicherzustellen, dass die Wirksamkeit der Strategie  auch langfristig gewährleistet werden kann.

Podcast Episode: Risikobasiertes Testen

In dieser Episode spreche ich mit Uwe Paesch über risikobasiertes Testen. Er teilt seine Erfahrungen und erklärt, wie sein Unternehmen risikobasiertes Testen implementiert hat, um die Testabdeckung zu verbessern und Risiken zu minimieren, insbesondere bei einem ERP-System. Wir sprechen über die Herausforderungen bei der Risikobewertung, die Bedeutung der Zusammenarbeit und die kontinuierliche Anpassung der Tests. Unser Gespräch dreht sich um die Frage, wie risikobasiertes Testen als fortlaufender Prozess gelebt wird, der die Qualität der Software verbessert.

“Ein Kunde liefert viereinhalbtausend falsche Rechnungen. Schadenspotenzial relativ hoch, Auffindbarkeit auch relativ hoch.” - Uwe Paesch

Uwe Paesch ist seit 1989 im IT-Umfeld tätig, mal bei Herstellern, mal bei Anwendern. Von 2008 bis 2024 bei der Bison Schweiz AG. Und da in verschiedenen Rollen: Business Consultant, Product Owner für verschiedene Produkte, in den letzten Jahren wieder als Projektmanager unterwegs. Seit einigen Jahren Mitglied in der Quality Assurance Gilde. Sein Augenmerk ist: Qualität ist Einstellung und nicht Eigenschaft. Qualitätssicherung begleitet den gesamten Prozess der Produktentwicklung. Habe massgeblich an der Einführung von risikobasiertem Testen als Standardprozess bei der Bison mitgewirkt und gebe auch interne Kurse in diesem Bereich.

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Highlights der Episode

  • Risikobasiertes Testen und seine Bedeutung in der Softwareentwicklung
  • Herausforderungen bei der Risikobewertung und Umsetzung
  • Testautomatisierungim risikobasierten Testen
  • Dynamische Neubewertung von Risiken bei neuen Anforderungen
  • Entwicklungen im Bereich der Testautomatisierung  und Effizienzsteigerung

Risikobasiertes Testen

Einführung

Risikobasiertes Testen ist ein Ansatz im Software-Testprozess, der sich auf die Identifikation und Priorisierung von Risiken konzentriert. Testteams können ihre Testaktivitäten damit gezielt auf die Bereiche fokussieren, die das größte Risiko für den Projekterfolg darstellen.

Definition von risikobasiertem Testen

Beim risikobasierten Testen werden Tests basierend auf dem potenziellen Schaden, der Entdeckbarkeit und der Komplexität von Fehlern priorisiert. Diese Methode hilft dabei, Ressourcen effizient zu nutzen und sicherzustellen, dass die kritischsten Funktionen gründlich getestet werden.

Bedeutung im Software-Testprozess

Risikobasiertes Testen führt zu einer erhöhten Effizienz im Testprozess. Anstatt alle Aspekte gleichmäßig zu testen, wird sich insbesondere auf kritische Bereiche konzentriert. Das hilft nicht nur dabei, die Qualität des Endprodukts zu verbessern, sondern auch den Zeit- und Kostenaufwand zu reduzieren.

Überblick über ISTQB und seine Relevanz für Teststrategien

Das International Software Testing Qualifications Board (ISTQB) bietet einen Rahmen für Best Practices im Softwaretest. Das ISTQB hilft Testern dabei, Teststrategien sinnvoll umzusetzen und wichtigste Skills zu erlernen, auch in Bezug auf risikobasierte Ansätze. Die Kenntnisse aus diesen Standards können Tester nutzen, um fundierte Entscheidungen über Prioritäten im Testprozess zu treffen. Ein Beispiel hierfür ist der neue Certified Tester CTFL 4.0, der agile und traditionelle Ansätze vereint und somit eine optimale Vorbereitung auf verschiedene Testsituationen bietet.

Grundlagen des risikobasierten Testens

Risikobasiertes Testen verfolgt spezifische Testziele, die auf die Minimierung von Risiken abzielen. Diese Ziele umfassen:

  • Identifikation kritischer Bereiche: Fokussierung auf Funktionen, die potenziell hohe Schäden verursachen können.
  • Effiziente Ressourcennutzung: Priorisierung von Tests, um Zeit und Kosten zu sparen.

Wichtig ist die Erstellung eines effektiven Testkonzepts. Ein durchdachtes Konzept berücksichtigt folgende Aspekte:

  • Risikobewertung: Einschätzung der Auswirkungen und Eintrittswahrscheinlichkeit möglicher Fehler.
  • Teststrategie: Definition von Testmethoden, die zur Risikominderung eingesetzt werden können.

Das Risikomanagement sollte in den gesamten Testprozess eingebunden werden. Dies umfasst:

  • Regelmäßige Risikoanalysen, um neue Risiken zeitnah zu identifizieren.
  • Anpassung der Testpläne basierend auf den sich ändernden Risiken und Anforderungen.

Ein fundiertes Verständnis dieser Grundlagen ermöglicht es Teams, effektiver und zielgerichteter zu arbeiten. So wird sichergestellt, dass kritische Fehler frühzeitig erkannt und behoben werden, bevor sie zu größeren Problemen führen können.

Identifikation und Bewertung von Risiken im risikobasierten Testen

Die Identifikation von Risiken im Software-Testprozess ist ein entscheidender Schritt für die erfolgreiche Implementierung von risikobasiertem Testen. Hier sind einige wichtige Schritte:

1. Risikoanalyse

Zunächst müssen bestehende Systeme und Prozesse analysiert werden. Frühere Fehlerberichte helfen dabei, Muster und häufige Probleme zu erkennen.

2. Beteiligung der Stakeholder

Alle relevanten Stakeholder wie Entwickler , Tester und Kunden sollten in den Prozess des risikobasierten Testens eingebunden werden. Durch deren Perspektiven können potenzielle Risiken besser identifiziert werden.

3. Dokumentation

Dokumentation ist das A und O! Deshalb sollten alle identifizierten Risiken festgehalten werden, um einen klaren Überblick zu behalten.

Für die Bewertung von Risiken können bestimmte Kriterien herangezogen werden:

  • Schadenspotential: Berücksichtigt die potenziellen Auswirkungen eines Fehlers auf das Unternehmen oder den Kunden. Beispielsweise könnten fehlerhafte Rechnungen erhebliche finanzielle Schäden verursachen.
  • Entdeckbarkeit: Bewertet, wie leicht ein Risiko erkannt werden kann. Ein hoher Wert bedeutet, dass ein Fehler möglicherweise spät oder gar nicht entdeckt wird.
  • Komplexität: Hierbei wird die Schwierigkeit bewertet, mit der ein Risiko kontrolliert oder behoben werden kann.

Ein Risiko-Katalog dient der systematischen Erfassung von potenziellen Risiken. In diesem Katalog werden die identifizierten Risiken zusammen mit ihren Bewertungskriterien dokumentiert, was eine strukturierte Grundlage für weitere Entscheidungen im Testprozess schafft.

Risikobasiertes Testen im Team durchführen

In Entwicklungsteams erfordert die praktische Umsetzung des risikobasierten Testens eine strukturierte Herangehensweise. Diese Schritte gilt es zu beachten:

1. Zusammenarbeit im Team

Alle relevanten Stakeholder, einschließlich Entwickler, Tester und Geschäftsanalysten sollten an einem Tisch zusammenkommen. Eine gemeinsame Diskussion über Risiken und Prioritäten fördert das Verständnis und stärkt das Verantwortungsgefühl in Bezug auf das Projekt.

2. Risikokatalog nutzen

Der zuvor entwickelte Risikokatalog ist die Grundlage für die Teststrategie. Hier werden relevante Risiken identifiziert und für die Erstellung von Testfällen priorisiert.

3. Integration in den Entwicklungsprozess

Risikobasiertes Testen sollte von Beginn an Teil des Entwicklungszyklus sein. Regelmäßige Reviews helfen, sicherzustellen, dass neue Anforderungen und Änderungen in die Risikoanalyse einfließen. Ein wichtiger Aspekt ist der Integrationstest, der sicherstellt, dass verschiedene Softwaremodule reibungslos zusammenarbeiten.

4. Testabdeckung erhöhen durch Testautomatisierung

Automatisierte Tests sind entscheidend für die Effizienz und Effektivität des Testprozesses. Zur Verbesserung der Testabdeckung können folgende Strategien genutzt werden:

  • Automatisierung von Tests für hochriskante Bereiche
  • Verwendung von Skripten zur schnellen Ausführung wiederkehrender Tests
  • Integration automatisierter Tests in CI/CD-Pipelines zur kontinuierlichen Überwachung von Risiken

Diese Maßnahmen helfen dabei, das Potenzial von risikobasierten Tests voll auszuschöpfen und gleichzeitig die Qualität zu steigern.

Herausforderungen und Lösungen beim risikobasierten Testen

Risikobasiertes Testen bringt Herausforderungen mit sich, insbesondere in Bezug auf die Teamdynamik und Kommunikation mit Entwicklern. Typische Probleme treten auf, wenn Teammitglieder unterschiedliche Wahrnehmungen von Risiken haben. Diese unterschiedlichen Ansichten können zu Missverständnissen führen und die Effizienz der Testprozesse beeinträchtigen.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, sind folgende Strategien hilfreich:

  • Gemeinsames Verständnis schaffen: Es ist wichtig, ein einheitliches Qualitätsbewusstsein bei allen Entwicklern und Stakeholdern zu fördern. Workshops oder regelmäßige Meetings können dazu beitragen, dass alle Beteiligten die Risiken im gleichen Licht sehen. Dies ist besonders relevant, wenn es um den Integrationstest geht, der oft eine Vielzahl von Risiken birgt.
  • Offene Kommunikation fördern: Ein transparentes Umfeld ermöglicht allen Teammitgliedern, Bedenken hinsichtlich der Risiken offen anzusprechen. Dadurch können unterschiedliche Perspektiven betrachtet und integriert werden.
  • Feedback-Prozesse etablieren: Regelmäßige Rückmeldungen von Entwicklern und aus den QA-Teams helfen dabei, Risiken entsprechend ihrer Auswirkungen auf das Projekt neu zu bewerten. Durch diese Ansätze wird nicht nur die Qualität des Testens verbessert - was durch eine ganzheitliche Haltung zur Software-Qualität unterstützt werden kann - sondern auch das Verständnis für gemeinsame Ziele innerhalb des Teams gestärkt. Zudem kann eine evolutionäre Herangehensweise an die Softwarequalität langfristig die Effizienz steigern. Abschließend kann die Implementierung von ISTQB-Standards, wie sie in der Praxis bei Bucher & Suter gezeigt wird, Unterstützung bieten.

Best Practices im Bereich des risikobasierten Testens

Die Anwendung von risikobasierten Tests ermöglicht signifikante Verbesserungen in der Fehlererkennung. Durch die gezielte Fokussierung auf hochriskante Bereiche können Teams kritische Fehler frühzeitig identifizieren und beheben. Wichtige Punkte dazu sind:

  • Verbesserte Fehleridentifikation: Der Ansatz ermöglicht es, Tests dort zu konzentrieren, wo das Schadenspotential am höchsten ist. So können bspw. Risiken rund um fehlerhafte Rechnungen priorisiert werden, was zu einer Reduzierung der Fehleranzahl führt.
  • Trendanalyse bei Bugs: Die kontinuierliche Messung und Auswertung von Blocker-Bugs und anderen schwerwiegenden Fehlern ermöglicht es, über die Zeit hinweg Trends zu erkennen und darauf basierend darauf die Testverfahren gezielt anzupassen, um die Qualität weiter zu steigern.
  • Einfluss auf die Produktqualität: Die Implementierung des risikobasierten Testens verbessert nicht nur die Erkennung von Fehlern, sondern erhöht auch das Vertrauen in die Software. Die Erfahrung zeigt, dass weniger kritische Bugs in Produktionsumgebungen auftreten und die Qualität der Softwareprodukte erheblich gesteigert werden konnte.

Um jedoch den vollen Nutzen aus diesem Ansatz zu ziehen, ist es wichtig, auch andere Testmethoden wie den Systemtest oder den agilen Test in Betracht zu ziehen. Beide Methoden sind hilfreiche Werkzeuge zur Verbesserung der Softwarequalität und zur Identifizierung von Fehlern vor der Auslieferung an den Kunden.

Darüber hinaus bietet auch das Agile Manifest zahlreiche Vorteile für das Team und die Qualität des Endprodukts.

Die Zukunft des risikobasierten Testens mit Künstlicher Intelligenz

Die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in den Bereich des risikobasierten Testens eröffnet neue Möglichkeiten für Effizienz und Genauigkeit.

1. Potenzial von KI zur Unterstützung

KI kann dabei helfen, Risiken schneller zu identifizieren und zu bewerten. Algorithmen können Muster in vorherigen Testergebnissen analysieren und so potenzielle Schwachstellen vorhersagen. Dies ermöglicht eine proaktive Herangehensweise an das Testen, wodurch Teams ihre Ressourcen gezielter einsetzen können.

2. Vision für zukünftige Entwicklungen

In den kommenden Jahren könnte sich die Softwaretest-Branche erheblich verändern. Die Automatisierung von Tests wird durch KI-gestützte Tools unterstützt, die nicht nur Tests ausführen, sondern auch intelligente Empfehlungen zur Risikominderung geben. Entwickler und Tester werden in der Lage sein, auf Echtzeitdaten zuzugreifen, um informierte Entscheidungen zu treffen.

Diese technische Entwicklung wird risikobasiertes Testen nicht nur effektiver, sondern auch flexibler machen, um den dynamischen Anforderungen moderner Softwareprojekte gerecht zu werden. Um dies zu erreichen, braucht es Testentwurfsmethoden, die einen strukturierten Ansatz zur Erstellung von Testfällen bieten.

Fazit zum risikobasierten Testen

Die Wichtigkeit des risikobasierten Testens zeigt sich in den zahlreichen Vorteilen, die dieser Ansatz im Testing-Prozess bietet:

  • Fokussierung auf kritische Bereiche, wo potenzielle Schäden am größten sind.
  • Effiziente Ressourcennutzung durch Priorisierung der Testfälle.
  • Verbesserung der Fehlererkennung und -vermeidung.

Für Unternehmen ist es entscheidend, risikobasiertes Testen in ihre Strategien zu integrieren.

Empfehlungen:

  • Identifizieren Sie relevante Risiken frühzeitig.
  • Binden Sie alle Stakeholder in den Prozess ein.
  • Nutzen Sie kontinuierliches Feedback zur Anpassung Ihrer Teststrategien.

Häufige Fragen

Was ist Risikobasiertes Testen?

Risikobasiertes Testen ist ein Ansatz im Software-Testprozess, bei dem Tests auf der Basis von identifizierten Risiken durchgeführt werden. Dies bedeutet, dass die Testaktivitäten priorisiert werden, um die wichtigsten und potenziell schädlichsten Bereiche der Software zu überprüfen.

Welche Rolle spielt das ISTQB im risikobasierten Testen?

Das International Software Testing Qualifications Board (ISTQB) bietet Richtlinien und Standards für Teststrategien, einschließlich risikobasierter Ansätze. ISTQB-zertifizierte Tester sind mit den Grundlagen und Best Practices des risikobasierten Testens vertraut.

Wie identifiziert man Risiken im risikobasierten Testen?

Die Identifikation von Risiken erfolgt durch eine gründliche Risikoanalyse bestehender Systeme und Prozesse. Es ist wichtig, Stakeholder wie Entwickler, Tester und Kunden in diesen Prozess einzubeziehen, um alle potenziellen Risiken zu erfassen.

Wie wird risikobasiertes Testen in Teams implementiert?

Die Implementierung von risikobasiertem Testen erfordert eine enge Zusammenarbeit im Team. Dazu gehört die Nutzung eines Risikokatalogs, der Integration in den Entwicklungsprozess und die Erhöhung der Testabdeckung durch Automatisierungstests.

Welche Herausforderungen gibt es beim risikobasierten Testen?

Risikobasiertes Testen bringt spezifische Herausforderungen mit sich, wie die korrekte Identifikation von Risiken und die Priorisierung von Tests. Lösungen umfassen eine klare Dokumentation aller identifizierten Risiken sowie regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen des Testprozesses.

Wie beeinflusst Künstliche Intelligenz das risikobasierte Testen in der Zukunft?

Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, den Prozess des risikobasierten Testens erheblich zu unterstützen, indem sie hilft, Risiken schneller zu identifizieren und zu bewerten. In den kommenden Jahren könnte sich die Software-Testbranche durch KI weiterentwickeln und effizientere Testmethoden ermöglichen.

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