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Software-Testen in der Zukunft - Interview mit Thomas Karl 

Software-Testen in der Zukunft - Interview mit Thomas Karl

Thomas Karl ist Head of Quality Transformation Services und Thought Leadership Portfolio Lead of Software Engineering für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Er ist Organizational Change Manager, LSS Master Black Belt, SAFe® SPC5, IC-Agile Enterprise Agile und Transformation Coach, ISTQB Full Advanced Level zertifiziert, Kanban Trainer und Systemischer Coach. Die Schwerpunkte seiner Tätigkeit liegen im Qualitätsmanagement und der Entwicklung von lean-agilen Organisationen von der Team- bis zur Strategie- und Portfolio-Ebene. Dabei kann er auf eine mehr als zehnjährige Erfahrung bei Lean-agilen Transformationen und Prozessverbesserungen von komplexen internationalen Großprojekten zurückblicken. Er ist Autor und Sprecher auf internationalen Konferenzen und berät Vorstände und Führungskräfte im digitalen Wandel mit agilen Methoden.

Welchen Herausforderungen muss sich Software Testing in der Zukunft stellen?

Diese Frage pauschal zu beantworten halte ich für sehr schwer, da die Situation doch sehr vom jeweiligen Kontext und Unternehmen abhängt. Ganz allgemein denke ich, dass Software zu einem festen Bestandteil unseres Lebens geworden ist. Qualität ist dabei die zentrale Anforderung geworden. Diese Bedeutung von Software-Qualität spiegelt sich aber teils in der Priorisierung in Unternehmen und auch den Köpfen Vieler noch nicht wider, was sich zukünftig ändern muss. Aus meiner Sicht muss das Quality-Mindset an Verbreitung und Bedeutung gewinnen.

Generell denke ich, dass Software Testing teilweise noch seinen Platz in der agilen Welt sucht und dass der Fokus für Softwarequalitätssicherung künftig das Thema Prozessqualität zwingend standardmäßig mitberücksichtigen muss.

Testen steht zwar vor vielen neuen Herausforderungen, bietet aber für die Business-Seite in der zeitgemäßen Version als Quality Engineering auch neue Möglichkeiten.

Weitere Informationen zu den unterschiedlichen Leveln von Testen sind im HoaQ Blog zu finden.

Welche Ideen oder Lösungen könnten diese Herausforderungen adressieren?

Zusammen mit Nico Liedl und der Expertise vieler weiterer Kollegen, habe ich das Buch “The House of agile Quality” geschrieben. Darin haben wir auf Basis unserer jahrelangen Praxiserfahrung einen strukturierten Ansatz beschrieben, wie Softwarequalitätssicherung in einem agilen Umfeld erfolgreich gestaltet werden kann und was bei einer agilen Transformation hierbei zu beachten ist. Das praxiserprobte, pragmatische HoaQ-Framework hat bereits vielen Unternehmen geholfen, die Herausforderungen der Large Solution Entwicklungsvorhaben zu meistern. Das HoaQ füllt die Lücke zwischen agilen Frameworks und Test-Frameworks einerseits und überbrückt andererseits die strategische und taktische Ebene des Lean Quality Management.

Das Konzept setzt sich aus fünf Bereichen zusammen:

Die Basis bildet das Testfundament. Ohne die darin enthaltenen Arbeitsweisen und die dafür nötigen methodischen Ansätze, können die in der Qualitätssicherung gewünschten Ergebnisse nicht erzielt werden.

Darauf bauen drei Säulen auf:

  • Rollen: Beantwortet die Fragen bezüglich künftig notwendiger Rollen, dem technischen Wissen und Verständnis der Mitarbeiter, sowie dem Aufbau und der Weiterentwicklung von organisatorischen Strukturen.
  • Ansatz: Behandelt die Auswahl des agilen Skalierungsframeworks und des Testvorgehens, sprich welche Inhalte innerhalb einer Iteration (In-Sprint) und welche Teile der Software nachgelagert (Cross-Sprint) geprüft werden müssen. Darüber hinaus wird der Bereich Changemanagement betrachtet, um sicherzustellen, dass die Änderungen nachhaltig umgesetzt werden.
  • Tools und unterstützende Maßnahmen: Beinhaltet die technischen und prozessualen Fragen der Toolauswahl. Gleichzeitig wird beleuchtet, welche Faktoren bei der Definition der Testumgebungen, des Testdatenmanagements und dem Aufbau einer End-to-End-Tool-Pipeline zu berücksichtigen sind.

Das Dach Lean Agile Quality Engineering-Methoden vervollständigt das Haus und beinhaltet komplexere Methoden und Techniken.

Die fünf Bestandteile werden in weitere Unterbereiche gegliedert, um die Transformation beherrschbar zu machen und so iterativ eine Lean-QM-Strategie zu entwickeln.

Wie sieht Future Testing aus? Wie werden wir testen?

Predictive ist hier der Schlüsselbegriff, der die Branche aus meiner Sicht verändern wird. Vom ursprünglich reaktiven Testansatz über den aktuell proaktiven Ansatz, geht der Trend klar in Richtung Predictive Quality Engineering. D.h. die Mischung aus Big Data Analytics, KI-Systemen, Robotic-Process-Automation-Ansätzen und der Möglichkeit, Testumgebungen on demand über Cloud Lösungen zu generieren, wird die Softwarequalitätssicherung auf ein völlig neues Level bringen. KI-basierte Optimierung der Testabdeckung, selbstheilende Testautomatisierung etc. wird bereits erfolgreich eingesetzt und ich bin davon überzeugt, dass dies erst der Anfang ist. Die konsequente Nutzung dieser Technologien ist aus meiner Sicht aber auch unabdingbar, denn qualitativ hochwertige Software ist einer der entscheidenden Eckpfeiler der Digitalisierung. Software ist zu einem Bestandteil unseres Lebens geworden und wird in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen. Egal ob Smartphone, Fitnessarmband, Navigationssystem, Auto, Fahrkartenautomat, die Kasse im Supermarkt, der Rechner am Arbeitsplatz oder andere alltägliche Dinge. All dies funktioniert nur dann wie gewünscht, wenn die zugehörige Software fehlerfrei arbeitet. Fehler werden nicht mehr einfach so verziehen und Qualität ist die zentrale Anforderung an Software geworden.

Weiter Informationen zur Relevanz von Quality Engineering gibt es im

HoaQ Blog

Wie können sich Tester und Testmanager heute bereits darauf vorbereiten?

Kontinuierliches Lernen und Weiterbilden ist meiner Meinung nach der Schlüssel zum Erfolg. Ich sehe hier drei sehr wichtige Stränge:

  1. Wissen in Bezug auf die unterschiedlichen Softwareentwicklungsmodelle und agilen Skalierungsmodelle (Scrum, SAFe(R), etc.).
  2. Wissen in Bezug auf Technologien. Dies ist sowohl wichtig, um die zu testenden Applikationen zu verstehen, als auch, um die Testautomatisierungslösungen zu verstehen und zielgerichtet einsetzen zu können.
  3. Prozesswissen und fachliches Verständnis der Geschäftsabläufe gewinnt in Zeiten der digitalen Vernetzung und E2E-Digitalisierung immer mehr an Bedeutung. Darüber hinaus ist aus meiner Sicht das kontinuierliche “über den Tellerrand hinausschauen” ein wichtiger Erfolgsfaktor für Quality Engineers.
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